Die vier Bindungs
typen und ihre Bedeutung
✓ Sind Sie sicher, ängstlich, vermeidend oder desorganisiert?
✓ Bindungsstile bzw. Bindungstypen erklären Beziehungsprobleme am besten.
✓ Das Gute: Sie können etwas gegen einen unsicheren Bindungsstil tun!
Die Bindungstheorie bei
Erwachsenen
Manche enden immer wieder in toxischen Partnerschaften und fragen sich, wie es sein kann, dass sich die Art und Weise, wie sie Zweisamkeit erleben, immer wieder wiederholt. Die Bindungstheorie nach John Bowlby gibt oftmals Antworten darauf. Ja, sie beschreibt sogar von allen Paartherapieansätzen am besten, wie romantische Beziehungen bei Erwachsenen ablaufen. Ich spreche trotzdem bewusst von „oftmals“, weil unser Bindungssystem nur ein System von mehreren und unser Bindungstyp natürlich nicht immer der ausschlaggebende Faktor ist. Menschen sind komplex. Aber es ist tatsächlich „oftmals“ so, dass das Wissen über unseren Bindungstyp und das Wissen, wie wir daran arbeiten können, unser Beziehungsleben enorm verbessern kann!
Nach der Bindungstheorie gibt es vier Bindungstypen:
✓ sicherer Bindungstyp
✓ ängstlicher Bindungstyp
✓ vermeidender Bindungstyp
✓ desorganisierter aka ängstlich-vermeidender Bindungstyp
Ich bin Expertin für die Bindungstheorie und viele kennen mich über Social Media, wo ich auf Instagram und TikTok in der Tiefe mit Videos und Textbeiträgen auf dieses Thema eingehe. Die Bindungsstile und Bindungstypen, die auf John Bowlby und Mary Ainsworth basieren, sind für viele ein totaler Game-Changer. Sie erkennen sich wieder, haben große Aha-Momente und verstehen auf einmal, warum ihre Beziehungen so ablaufen, wie sie ablaufen.
Der sichere Bindungstyp
Ca. die Hälfte der erwachsenen Bevölkerung hat einen sicheren Bindungsstil. Das bedeutet, dass das Bindungssystem nicht der Grund für Beziehungsprobleme ist. Sicher gebundene Menschen glauben nicht, dass sie nicht gut genug sind und brauchen auch nicht den anderen, um sich sicher und ganz zu fühlen. Sie können Bedürfnisse kommunizieren und gehen Konflikten nicht aus dem Weg. Und sie möchten, dass es nicht nur ihnen selbst, sondern auch ihren Partnern gut geht und sind nicht „besessen“ von ihrer Beziehung. Sie haben durchaus auch noch andere Dinge im Kopf und Herzen. Sie haben auch Ängste in ihren Partnerschaften, aber nur, wenn sie wirklich begründet sind.
Die andere Hälfte der Bevölkerung hat einen unsicheren Bindungsstil und finden sich in einer der folgenden Kategorien wieder:
Der vermeidende Bindungstyp
Der vermeidende Bindungstyp zeichnet sich besonders durch eine große Bindungsangst und der Angst vor Ablehnung aus. Am Anfang einer Beziehung, also in der Datingphase, wenn alles noch unverbindlich ist, können die Vermeider sehr zugewandt und nah sein, aber wenn es ernst wird, passiert es oft, dass sie sich quasi „deaktivieren“, die Gefühle plötzlich weniger werden oder gar weg gehen, sie sehr viel Raum und Unabhängigkeit brauchen, sich schnell vereinnahmt fühlen und die Emotionen des Partners sie überfordern. Die Vermeidung bezieht sich auch tatsächlich hauptsächlich auf Emotionen. Sie vermeiden negative Emotionen und Konflikte auf Teufel komm raus. Eine wirklich tiefe und verletzliche Beziehung kann so schwierig werden. Hier geht es je nach Ausprägung dann nicht mehr um ein „sie wollen nicht“, sondern es ist häufig ein „sie können nicht“. Es ist eine Traumareaktion und kein bewusstes negatives Verhalten. Es ist aber natürlich möglich, daran zu arbeiten, und jemand, der mit einem Menschen mit einem vermeidenden Bindungsstil zusammen ist, sollte das auch als Grundvoraussetzung ansehen, damit die Beziehung funktionieren kann.
Aber Achtung! Bindungstypen- und Stile sind fließend und viele werden Elemente von mehreren Bindungstypen bei sich und vielleicht auch in ihrem Partner erkennen können. Das bedeutet aber nicht, dass man desorganisiert ist. Die sind nämlich immer ängstlich und vermeidend gleichzeitig und nicht nur in bestimmten Kontexten, und haben noch ein paar weitere Merkmale.
Der ängstliche Bindungstyp
Der ängstliche Bindungstyp zeichnet sich besonders durch eine große Verlustangst, Eifersucht und Co-Abhängigkeit aus. Erwachsene Menschen mit einem ängstlichen Bindungsstil binden sich oft emotional zu schnell an neue Partner*innen, ohne wirklich zu wissen, ob ihre Werte, Wünsche nach Commitment oder Beziehungsziele überhaupt übereinstimmen. Leider binden sie sich oft an jemanden mit einem vermeidenden Bindungsstil, und eine Phase von vielen Aufs und Abs beginnt, in denen der Ängstliche die eigenen Bedürfnisse zurücksteckt, sich aber auch auf sehr wütend-kritisierende Weise zeigen kann und die Beziehung im Kopf überproportional viel Platz einnimmt. Er braucht ständige Kommunikation und Bestätigung, hat kein gutes Selbstwertgefühl und sucht nach Fehlern. Bei sich selbst, weil er dann ja an sich arbeiten kann und damit die Kontrolle hat, aber auch beim anderen, der für ihre Bedürfnisse vielleicht einfach nicht zugewandt genug ist und nicht genug gibt.
Der desorganisierte Bindungstyp
Der desorganisierte Bindungsstyp ist eine Mischung aus ängstlich und vermeidend, ein ständiges „Kommer her, geh weg“, sehr verwirrend für andere und für sie selbst auch. Menschen mit diesem Bindungsstil haben oft in der Kindheit Missbrauchserfahrungen gemacht, wobei Missbrauch auch sehr starke Vernachlässigung bedeuten kann. Sie sind sehr unsicher in Beziehungen, und können nur sehr schwer vertrauen, dass sie wirklich geliebt werden können. Durch die Erfahrungen in der Kindheit ist ihr Bindungssystem nicht gefestigt und sie schwanken sehr in ihrem Verhalten und sind emotional instabil. Sie können oft ganz schön austicken, wenn sie meinen, der Partner sei nicht vertrauenswürdig, lügt oder ist unzuverlässig. Mehr noch als die Ängstlichen, die darauf auch empfindlich reagieren. Eine Therapie ist hier mehr als sinnvoll, um das Nervensystem zu stärken und mehr Stabilität zu erlangen.
Aber Achtung! Bindungsstile sind fließend und viele werden Elemente von mehreren Bindungstypen bei sich und vielleicht auch ihrem Partner erkennen können. Das bedeutet aber nicht, dass man desorganisiert ist. Die sind nämlich immer ängstlich und vermeidend gleichzeitig und nicht nur in bestimmten Kontexten, und haben noch ein paar weitere Merkmale.
Woran erkenne ich meinen Bindungstyp?
Das ist eine gute Frage, und die ist nicht immer so einfach zu beantworten, denn auch ein Ängstlicher kann in bestimmten Kontexten vermeidende Tendenzen entwickeln und umgekehrt. Wenn zum Beispiel ein Ängstlicher mit einem anderen Ängstlichen zusammenkommt, dann könnte ihn das so überfordern, dass er in dem Kontext eher zum Vermeider wird. Und wenn ein Vermeider mit einem noch stärkeren Vermeider sich einlässt, bekommt er Angst. Dennoch bleiben beide von der Grundtendenz her entweder ängstlich oder vermeidend, weil sie die anderen Charakteristiken nur zeigen, wenn sie Gefahr verspüren.
Am Einfachsten ist es, meinen Bindungstypen-Test zu machen, oder sich von den folgenden Kern-Merkmalen leiten zu lassen:
Der ängstliche Bindungstyp empfindet eine starke Verlustangst, hat ein geringes Selbstwertgefühl, ist ziemlich eifersüchtig und hat ein aktiviertes Bindungssystem. Das bedeutet, er muss etwas tun, um die Beziehung zu erhalten. Entweder den Partner kontrollieren, sehr viel mit ihm sprechen bzw. ihn sogar viel kritisieren oder es ihm recht machen. Er muss immer wieder beweisen, dass er es wert ist, geliebt zu werden.
Menschen mit einem vermeidenden Bindungssystem vermeiden Konflikte und negative Emotionen. Sie verdrängen sie, wollen sie nicht fühlen, und wollen erst recht keine Beziehungsdiskussionen führen. Sein Bindungssystem deaktiviert sich immer mal wieder. Das bedeutet, er scheut dann Kommunikation, zieht sich zurück und verliert auch mal ganz das Liebesgefühl.
Diejenigen, die einen desorganisierten bzw. ängstlich-vermeidenden Bindungsstil haben, sind ängstlich und vermeidend nicht je nach Kontext, sie sind es gleichzeitig. Da ist ganz viel Angst da, da ist ein intensives “Komm her, geh weg” innerhalb von Minuten. Und leider können sie auch noch ziemlich explodieren, weil sie sich in manchen Situationen einfach heillos überfordert fühlen.
Erkennen Sie sich in einem der Typen wieder?
Welche Bindungstypen passen zusammen?
Der beste Partner für einen Unsicheren ist immer ein sicher Gebundener. Oftmals werden die von den Unsicheren aber als nicht so anziehend wahrgenommen, weil das gewohnte Chaos fehlt. Da gilt es, am Ball zu bleiben, denn eine Beziehung mit einem Sicheren wäre auf jeden Fall heilsam. Oftmals tun sich aber ein Ängstlicher und ein Vermeider zusammen. Wenn beide nicht am äußeren Spektrum ihrer Bindungsstile sind, können sie aber daran arbeiten, die Beziehung sicherer zu machen.
Wie erkenne ich den Bindungstyp meines Partners?
Den Bindungstyp des Partners erkennt man oft erst nach einigen Monaten. Viele möchten wissen, wie sie sofort den Riegel vorschieben können, aber das ist kaum möglich. Auch ein Narzisst ist am Anfang sehr zuvorkommend. Dennoch gibt es gerade in Bezug auf Narzissten bereits recht früh Red Flags, bei den Bindungsstilen wird es schwieriger. Deshalb ist es so wichtig, dann gemeinsam daran zu arbeiten, wenn die ersten “Symptome” auftauchen.
Vermeider können am Anfang sehr zugewandt und gar nicht vermeidend sein oder sie sind gleich so vermeidend, dass es sehr schwer ist, an sie heranzukommen.
Die Ängstlichen werden erst getriggert, wenn es einen Grund für die Angst gibt, und den gibt es in der Honeymoon-Phase oft noch nicht. Da sind beide noch glücklich vereint.
Also, sobald einer von Ihnen sich oder den Partner wiedererkennt in den Beschreibungen, macht es Sinn, zu handeln. Gehen Sie zu einem Therapeuten, ich unterstütze Sie natürlich auch gerne. Lesen Sie ganz viel über Bindungsstile und darüber, wie Sie das in Alarmbereitschaft versetzte Nervensystem beruhigen können.
Von wem fühle ich mich angezogen?
Da dies ein wichtiges Thema ist, möchte ich hier noch einmal separat darauf eingehen. Die unsicheren Bindungstypen sind sehr gegensätzlich. Wir fühlen uns oft von dem angezogen, was uns fehlt. Da Ängstliche qua Definition sehr ängstlich sind und ein großes Selbstwert-Thema haben, fühlen sie sich von der scheinbaren Selbstsicherheit der Narzissten oder narzisstischen Vermeider angezogen. Zudem müssen sie bei Vermeidern um Liebe kämpfen. Sie haben ja ein angeknipstes Bindungssystem, das etwas aktiv tun möchte, um geliebt zu werden. Bei Sicheren müssen sie nicht kämpfen. Das aktive Tun beruhigt ihr Nervensystem. Nur leider verstärkt der Rückzug natürlich auch noch die Angst. Unbewusst wiederholen sie das Drama der Kindheit, in der sie aktiv um die Aufmerksamkeit der Eltern buhlen mussten. Nun möchten Sie heute, im Erwachsenenalter, dass die Partner ihnen die Wertschätzung geben, die damals gefehlt hat. Damit sind sie leider auf ziemlich verlorenem Posten und mit jeder Abweisung wird die Angst größer und das Selbstwertgefühl kleiner.
Die Vermeider wiederum haben sich in der Kindheit emotional allein durchschlagen müssen. Wenn es ihnen schlecht ging, sind sie auf ihr Zimmer gegangen. Das ist auch heute noch ihre Strategie. Sie mussten sich um die Emotionen ihrer Eltern kümmern, statt umgekehrt. Auch heute noch ist die Verdrängung das Mittel der Wahl. Sie finden es zwar irgendwie anziehend, dass die Ängstlichen so emotional sind, denn das fehlt ihnen ja, aber wenn diese Emotionalität negativ wird, ist es ihnen zuviel. Sie vermeiden Konflikte bis zum Anschlag. Sie vermeiden genau das, was die Ängstlichen brauchen, nämlich die Kommunikation darüber.
Sie sehen also, beide tun sich eigentlich nicht gut. Heilsam kann es aber sein, wenn beide das erkennen und gemeinsam daran arbeiten.
Wenn Sie Lust haben, auch an Ihrem Bindungsstil zu arbeiten, dann machen Sie gerne einen Termin aus. Ich habe selber einen unsicheren Bindungsstil und kann mich gut in Sie reinversetzen :).
So, was mache ich jetzt mit den Informationen?Es gibt mehrere Möglichkeiten.
1. Der Bindungstypen - Test
Falls Sie jetzt neugierig geworden sind, welchen Bindungstyp Sie haben, machen Sie gerne meinen Bindungsstil-Test. Beantworten Sie ohne lange nachzudenken und wahrheitsgemäß die Fragen. Der Test ist in der vertraulichen “du”-Form geschrieben, weil viele über Social Media zu mir kommen.
2. Das Ebook
Laden Sie gerne mein Ebook "Verstehe deinen Bindungsstil" herunter, wenn Sie noch detaillierte Informationen über das Thema haben möchten. Es ist kostenlos und enthält einen Überblick über die Geschichte der Bindungstheorie und eine genaue Beschreibung der einzelnen Typen.
3. Paartherapie: die ängstlich- vermeidende Beziehungsdynamik
Die Unsicheren tun sich oft zusammen. Besser wäre es, sich jemanden zu suchen, der sicher gebunden ist, aber hey, das Chaos fühlt sich gewohnt an und deshalb bleibt Schuster bei seinen Leisten. Wenn zwei sehr stark ausgeprägt Unsichere zusammen kommen, mündet es oft in einer toxischen Beziehung. Nicht gut, will keiner, sollte niemand machen. Da sollte jeder ganz stark an sich selber arbeiten, aber auch gemeinsam. Denn wenn die Dynamik zwar ungesund, aber trotzdem viel Liebe da ist und nicht nur Sucht (das toxische kann durchaus süchtig machen, denn das Auf und Ab produziert so viele Stress- und Glückshormone im Blut, dass der Körper darauf hängen bleiben kann), dann können wir in einer Paartherapie daran arbeiten, dass genau diese eine Beziehung sicherer wird.
4. Einzelsitzungen: Therapie gegen den ängstlichen Bindungstyp
Ich habe viele Klienten, in der Praxis und besonders auch online, die einzeln zu mir kommen, und entweder Single oder in Beziehung sind, und an ihrem unsicheren Bindungstyp arbeiten wollen. Das Wissen über die Bindungstheorie und Hinweise, Tools und Interventionen zum Umgang mit den typischen ungünstigen Verhaltensweisen und der Verlust- oder Bindungsangst, sind Gold wert. Mehr Informationen darüber gibt es hier
5. Der Online-Kurs „Entschlüssele deinen Bindungsstil und führe endlich eine glückliche Beziehung“
Falls Sie noch Fragen haben, schreiben Sie mir gerne eine Email oder buchen Sie Ihren Termin gleich direkt schnell und einfach über Doctolib.