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Neustart nach der Trennung: Dating und Liebe über 50

Eine Trennung im späteren Leben kann einen aus der Bahn werfen, besonders wenn man jahrelang in einer festen Beziehung war. Doch auch nach dem 50. Lebensjahr kann die Liebe wieder aufblühen. Die Herausforderungen, die sich dabei stellen, sind allerdings oft andere als in jüngeren Jahren: Wie lernt man jemanden kennen? Welche Rolle spielen Kinder, Finanzen und Sexualität? In diesem Blogartikel beleuchten wir die Chancen und Herausforderungen, denen sich Menschen über 50 beim Dating und in Beziehungen stellen. Mit offener Kommunikation und klaren Zielen kann auch in dieser Lebensphase eine erfüllende Partnerschaft entstehen.


Trennung nach 50, was nun?

 

Sabine K. sitzt etwas ratlos vor mir in meiner Paartherapie-Praxis in Berlin Charlottenburg. Die 61jährige, sehr attraktive und erfolgreiche Geschäftsfrau hat ihr Leben gut im Griff, ihre Scheidung hat sie allerdings etwas aus der Bahn geworfen. Der Plan vom „happy ever after“ ist nicht aufgegangen, die Trennung von ihrem Ehemann vor zwei Jahren traf sie wie aus heiterem Himmel. Die Scheidung ist nun durch, der Schmerz einigermaßen verarbeitet, aber die Zukunft lässt in ihr ein großes Fragezeichen entstehen. Sie ist langsam wieder bereit für eine neue Beziehung, aber sie hat überhaupt keinen Plan, wie sie jemanden kennenlernen soll. Mit ihrem Mann war sie fast 30 Jahre zusammen und sie weiß gar nicht mehr, wie „flirten“ überhaupt geht. Online-Dating ist ihrer Meinung nach nur etwas für die Jüngeren und Ausgehen mag sie auch eher selten.

 

Kennenlernen per Online Dating

 

Online-Dating ist mitnichten nur etwas für junge Menschen. Auch im höheren Alter werden viele Sahneschnittchen zurückgegeben und finden sich auf dem Tummelplatz des Internet-Kennenlernens wieder. Die Auswahl ist zwar etwas kleiner als bei den 30jährigen, aber dennoch vorhanden und sollte durchaus in Betracht gezogen werden. Auch Frau K. möchte es jetzt wagen, auf diesem Wege eine neue Liebe zu finden. Wenn die freie Wildbahn keine geeigneten Kandidaten präsentiert, ist diese Option eine valide. Es gibt sogar Dating-Foren für über 50jährige, und wenn man sich dabei besser fühlt, ist es eine gute Idee, da mal reinzuschauen. Es gibt auch ausreichend „Special Interest“-Angebote, also für Menschen mit denselben Hobbies, ähnlicher spiritueller Ausrichtung oder bestimmten sexuellen Spielarten. Ansonsten muss man sich aber auch gar nicht einschränken und kann auch kostenfreie, sehr gängige Foren wie Tinder oder Bumble nutzen. Auch hier beantwortet man im Vorhinein eine Reihe von Fragen und erstellt ein Anforderungsprofil. Das erste Treffen muss auch nicht lange gehen, ein kleiner Kaffee reicht und verpflichtet zu nichts. Ja, es ist etwas Arbeit und es sind viele Frösche dabei, aber da man die nicht küssen muss, ist es okay, mit ihnen ein paar Minuten seines Lebens zu verbringen, es geht schließlich um was. Wenn die ganze Mühe mit einem Partner für den Rest seiner Tage belohnt wird, dann kann man jedes erfolglose Date auch einfach als Baustein auf dem Weg zu Ziel betrachten und als Übung, immer mehr zu erkennen, was man möchte und was nicht. Wenn allerdings jedes Date, das einem interessiert, nach einer Weile gleich desaströs endet, dann darf man sein eigenes Beuteschema hinterfragen, gerne auch mit professioneller Hilfe. Es ist NIE so, dass man nur Idioten anzieht, es kann aber sein, dass man aus dem Heer potenzieller Kandidaten nur die Idioten herauspickt. Red Flags erkennen zu lernen, kann äußerst hilfreich sein.

 

Die Beziehung

 

Wenn sich dann tatsächlich eine Beziehung anbahnt, gibt es bei den über 50jährigen natürlich einige andere Voraussetzungen als bei der noch fortpflanzungswilligen Generation. Einer hat oder beide haben vielleicht Kinder, wie sehr beeinflussen sie das Paarsein? Auch die Wohnsituation sollte bald besprochen werden. Es gibt viele Menschen, die möchten gar nicht mehr mit jemand anderem zusammenleben. Dieses Modell wird aber nicht von jedem geschätzt, hier sollte man sich einigen können. Ebenso sollte man sich über die Finanzen ausgiebig unterhalten. Behält jeder sein eigenes Konto oder soll es ein gemeinsames geben? Wofür möchte man in Zukunft Geld ausgeben? Jeder sollte sich über die Rolle, die ein neuer Partner im Leben einnimmt, Gedanken machen. Es ist wichtig, herauszufinden, ob man dasselbe will, oder zumindest, ob man das, was man will, mit dem jeweils anderen realisieren kann.

 

Sexualität

 

Ein spannendes und wichtiges Thema ist die Sexualität, gleichzeitig aber auch im gehobenen Alter für viele noch schambehaftet und leider meist kein Inhalt intensiver Kommunikation. Dabei ist so wichtig zu eruieren, welche Rolle die Sexualität für jeden von beiden einnimmt. Manche sind relativ durch damit, andere möchten etwas Neues erleben und freuen sich auf frische Abenteuer, während es für andere eher ein Nebenprodukt ist, über das man keine großen Worte verlieren sollte. Doch, sollte man, denn sonst könnte die Enttäuschung groß sein, wenn das „Was“ und das „Wie“ und das „Wie oft“ nicht geklärt wird. Kompromisse sind meist möglich und wenn man nicht mehr weiterweiß, wie das gehen soll, dann kann man immer noch einen Sexologen konsultieren, die sind genau dafür da.

 

Alte Verletzungen

 

Niemand geht als unbeschriebenes Blatt mit über 50 in eine Beziehung. Selbst die, die trotz vieler Jahre auf dem Buckel noch wenig Beziehungserfahrung haben, haben dies ja nicht ohne Grund. Menschen, die immer betrogen wurden, sind in der Regel sehr eifersüchtig. Menschen, die immer nur als selbstverständlich angesehen wurden, könnten sich wertlos fühlen oder das Gefühl haben, sie bekämen nie genug. Oder andere, die aus toxischen, missbräuchlichen Beziehungen kommen, könnten immer noch traumatisiert sein, was sich im jetzigen Verhalten widerspiegelt. Aber auch wenn es sich um eine eher „unspektakuläre“ Langzeitbeziehung gehandelt hat, die eher mit Auseinanderleben denn mit schlimmen Erfahrungen endete, hat sie Spuren hinterlassen. Es ergibt sehr viel Sinn, hier ein wenig Zeit darauf zu verwenden, genauer hinzuschauen. Viele möchten nichts über Ex-Beziehungen wissen, aber dann wissen sie auch nicht, welche Päckchen mit in die neue Beziehung geschleppt werden.

 

Ziele

 

Goldene Hochzeit geht nicht mehr, aber wenn man sich mit, sagen wir Mitte 50, kennenlernt, könnte man noch circa 35 Jahre zusammen haben! Realistisch betrachtet sind es aber immerhin noch 25 aktive Jahre, die man in trauter Zweisamkeit verbringen könnte. 25 aktive Jahre! Das ist eine Hausnummer, und man sollte sich auf jeden Fall zusammensetzen und sich über eine grobe Vorstellung darüber austauschen. Gerade jetzt, wo die Kinder aus dem Haus und die Finanzen wahrscheinlich einigermaßen stabil sind, könnte man gemeinsam Gas geben, und wobei, ist eine hervorragende Frage. Kompatibel sollten die Vorstellungen schon sein, denn es gilt, diese endlich freie und wichtige Zeit mit Bedeutung zu füllen.

 

Langzeitbeziehung

 

Es gibt aber natürlich auch viele Paare, die jenseits der 50 und seit langen Jahren in einer Beziehung sind. Oftmals treten nun viele Veränderungen auf: aus einer größeren Familie wird wieder ein Paar, die Wechseljahre sorgen für Verwirrung und eher negative Aufruhr, und auch die Rente ist ein riesiger Einschnitt in das Leben eines Paares. Letzteres ist auch die Zeit, wo tatsächlich viele in Depressionen verfallen. Es ist wichtig, sich Zeit zu nehmen und zu reflektieren: Was geht noch, was können neue Ziele sein für diesen Abschnitt des Lebens, gemeinsam und als Paar? Gibt es etwas, was ich nun unbedingt brauche, gibt es etwas, was gar nicht mehr geht und was sind die Sachen, für die wir dringend mal neue Absprachen benötigen? Manchmal ist man an einem Punkt angelangt, an dem das Fass irgendwie übergelaufen ist und das kann man dann wegwerfen oder ignorieren. Man kann aber auch einfach ein neues Fass designen und zusammen überlegen, wie das aussehen soll, damit man es so füllen kann, dass das, was darin reift, auch langfristig wie ein guter Whiskey hervorragend schmeckt.

 

Ich habe viele Paare in der Praxis, die sich zu dem Zeitpunkt des Lebens kaum mehr etwas zu sagen haben, die sich auseinandergelebt haben. Auch die Motivation, das zu ändern, ist oftmals nicht mehr sehr groß, weil das Interesse am anderen gar nicht mehr so da ist. Wenn Sie das lesen und noch jünger sind: lassen Sie es nicht so weit kommen! Konzentrieren Sie sich nicht nur auf die Kinder, den Job und den Hausbau. Sehen Sie sich Ihren Partner in Crime, Ihre bessere Hälfte, mal genauer an und überlegen, wie Sie sich wieder mehr Aufmerksamkeit schenken können. Und für die über 50jährigen: schauen Sie sich Ihre Beziehung mal genauer an. Möchten Sie so weiter machen bis bisher, bis das der Tod Sie scheidet, oder gibt es Veränderungsbedarf? Wenn alles gut ist, herzlichen Glückwunsch! Oft ist es aber eine mehr als gute Idee, einfach mal mehr zu kommunizieren und gemeinsam neue Wege zu überlegen und umzusetzen. Fragen Sie sich beide: Wer bin ich, wer möchte ich sein und wer möchte ich als Teil dieses Zweiergespanns sein.


Sie haben noch viel Zeit bis zum Lebensende, nutzen Sie sie! Natürlich unterstütze ich Sie oder euch sehr gerne bei euren Herausforderungen in Einzelsitzungen oder in einer Paartherapie.









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